M100 Sanssouci Colloquium 2016

Das diesjährige M100 Sanssouci Colloquium wurde von Prof. Dr. Dan Dinner eröffnet. In seiner Rede ging es um das neue Gespenst in Europa. Dieses Gespenst sieht er seiner Meinung nach in der Geopolitik und im europäischen Verhältnis zu Russland. Losgetreten durch einen von Russland vollzogenen Paradigmenwechsel.

Das eigentliche Colloquium war in drei Sessions eingeteilt, die sich teilweise in der inhaltlichen Diskussion der Teilnehmer nicht sehr unterschied.

In der ersten Session ging es um beobachtbare Tendenzen, die eine europäische Integration hemmen bzw. blockieren. Offensichtlichstes und jüngstes Kennzeichen ist der Brexit. Populistische und nationalistische Bewegungen in Europa wirken ebenfalls deintegrierend. Auch in der Flüchtlingskrise kann ein gemeinsames politisches Handeln und eine Solidarität unter den Europäern nicht beobachtet werden.

Die zweite Session beschäftigte sich mit der europäischen Außenpolitik. Nach wie vor gelingt es Europa in seiner Außenpolitik nicht, mit einer Stimme zu sprechen.

In der dritten Session befasste sich die Teilnehmer mit sich selbst und der Informationskrise und beschäftigten sich mit der Frage, welche Rolle die Medien in den zahlreichen weltweiten Krisen, wie Terrorgefahr, Flüchtlingsströme, Überwachungswahn und der zunehmenden Destabilisierung und Desintegration in Europa spielen.
Dabei gab es zahlreiche selbstkritische Töne, da die Medien einen Fokus auf Negativbilder haben und einer kommerziellen Maxime unterstellt sind. Es geht um Werbeeinnahmen und Quoten. Auch die Neuen Medien tragen dazu bei, dass es gesellschaftlich zunehmend zu einer Wissenskluft kommt, die junge und alte Generationen trennt.

Der diesjährige Preisträger ist der italienische Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano, der mit seinem Buch Gomorrha, eine investigativen Analyse über die italienische Mafia weltberühmt wurde und seither von der Mafia bedroht wird. Ohne Zweifel ist Roberto Saviano ein verdienter Preisträger, wenn jedoch klar ist, dass die Vergabe an diesen Preisträger und nicht an den türkischen Journalisten Can Dündar sicherlich sehr viel auch damit zu tun hat, dass ein solcher Preis eine hohe Symbolkraft hätte und die politischen Beziehungen mit der Türkei nicht zusätzlich belastet werden wollten. Can Dünar bekam im Rahmen des M100 Sanssouci Colloquiums 2016 dennoch mit einem Special Talk mit Kai Diekmann eine besondere Würdigung. In diesem Interview stellte er die Schwierigkeit einer objektiven Berichterstattung über die Lage in der Türkei heraus, da die diplomatischen Beziehungen mit der Türkei durch die Medien nicht gefährdet werden wollen und teilweise jedoch auch die Informationsbeschaffung in der derzeigen Situation in der Türkei nicht einfach ist.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel wies in ihrer Rede zur Preisverleihung auf folgendes zentral hin: Niemals dürfen wir vergessen, dass wir es maßgeblich der europäischen Integration zu verdanken haben, wenn wir heute nicht mehr auf einem Kontinent der Kriege, der Unfreiheit und der Gegensätze leben, sondern immer noch in einer Union des Friedens, der Freiheit, des Wohlstands, der Stabilität und der guten Nachbarschaft. Die Europäische Union hat in ihrer Geschichte vieles erreicht, was für vergangene Generationen kaum vorstellbar war. Auch jenseits der großen historischen Linien, in unserem Alltag, profitieren wir täglich von europäischer Integration; und zwar häufig, ohne es uns bewusst zu machen: durch freies Reisen, durch unsere gemeinsame Währung, durch unsere vielfältigen persönlichen Begegnungen.

Bezüglich der diskutierten Inhalte und Themensetzungen in den einzelnen Sessions, die inhaltlich in der tatsächlichen Diskussion nicht sehr voneinander abgegrenzt waren, scheint mit die Überschrift „Krieg oder Frieden“ unter der sich die hochkarätigen Teilnehmer aus Chefredakteuren und Herausgeber wichtiger europäischer Zeitungen und Rundfunkanstalten zusammenfanden etwas zu reißerisch für die behandelten Themen des Colloquiums.